Zwei Klubs

Zwei Klubs – viele Gemeinsamkeiten

Eishockey und Fussball sind Spiele der Gegensätze. Mit dem FC Zürich verbindet der ZSC aber einiges. Ein branchenübergreifender Blick in den Rückspiegel. Die Spuren führen in den Raum St. Gallen: Gustav Albert Wiget, geboren am 24.12.1892 in Henau SG war von Beruf Dekorateur. Er spielte nicht nur bei der Gründung der Landhockey-Sektion des FC Zürich eine Hauptrolle, sondern war ein Jahrzehnt später, 1930, auch Torhüter der Gründungsmannschaft der Eishockey-Sektion des Zürcher Schlittschuhclubs. Von 1926 bis 1928 war Wiget zudem Mitglied des Landhockey-Vereins Red Sox Zürich. Er stand bei den ersten Spielen auf der neu eröffneten Kunsteisbahn Dolder im Dezember 1930 im ZSC-Tor – und war beim 14:1 im Stadtderby gegen GC kaum gefordert. Auf Wiget war Verlass: Beim 1:0 gegen den H.C. Mailand wurde der ZSC-Keeper im «Tages Anzeiger» wegen seiner «bemerkenswerten Form» speziell herausgehoben.

Team
Spengler Cup 1945/1946: ZSC

Eine der grossen Gemeinsamkeiten zwischen ZSC und FCZ ist, dass beide Klubs seit ihrer Gründung als Gegenpol zum Grasshopper-Club galten.

Bei GC wurde 1923 die Landhockey-Sektion gegründet – vorerst nur als Frauenteam – daraus erwuchs ab 1930 die GC-Eishockey-Abteilung. Auf seiner Webseite schrieb der FCZ «Der GC huldigte in frühen Zeiten einer strikten Aufnahmepolitik. Diese wirkte sich in der Praxis oft so aus, dass Studenten sich den Grasshoppers anschlossen, gute Spieler aber beim ZSC landeten. Wechsel innerhalb dieser beiden Rivalen wirbelten jeweils, nicht nur in der Öffentlichkeit, viel Staub auf.» Wie der FCZ, war also der ZSC seit jeher ein Verein für alle Bevölkerungsschichten. Karl Müller: ZSC- und FCZ-Präsident Die engen Verbindungen zwischen Schlittschuh- und Fussballclub Zürich lassen sich durch weitere gewichtige personelle Überschneidungen belegen. So trat just 1930 – im Jahr der ZSC-Gründung – der 17-jährige Karl Müller in den FC Zürich ein. Hier wurde er bis 1935 als Aktivmitglied geführt, dürfte es aber nicht bis in die erste Mannschaft geschafft haben. In den dreissiger Jahren trat Müller auch dem ZSC bei – und wurde dort am 15. Dezember 1943 zum Klubpräsidenten in einem «stark verjüngten Vorstand» gewählt. Dieses Amt behielt er fünf Jahre bis 1948. Der ZSC gewann in dieser Phase seine bis heute einzigen Spengler-Cup-Titel (1945, 1946) und ernannte Müller zum Ehrenmitglied. Privat betrieb Müller ein Bürofachgeschäft, zuerst an der Allenmoosstrasse 60, später an der Zweierstrasse 35. Ursprünglich aus Thalwil, liess er sich 1946 in Zürich einbürgern. Nur ein Jahr nachdem seine Präsidentschaft beim ZSC endete, übernahm Karl Müller für zwei Jahre das Amt als FCZ-Präsident: Von Juli 1949 bis Juli 1951 führte er den Stadtclub durch zwei mittelmässige NLA-Saisons. Er spielte anschliessend in den FCZ-Senioren (mit 38 Jahren!) und wurde an der GV vom 17.2.1956 zum FCZ-Ehrenmitglied ernannt.

Naegeli rettet den ZSC Ein Jahr darauf, am 4.4.1957, übernahm der damals 45-jährige Edwin «Edi» Naegeli den FC Zürich. Als erster Präsident überhaupt führte er den Klub zum nachhaltigen sportlichen Erfolg. Zwischen 1963 und 1976 holte Zürich sechs Schweizer Meistertitel und gewann fünfmal den Cup. In den 60 Jahren vor der Ära Naegeli waren es gerade mal zwei Meistertitel gewesen (1902, 1924). Mit dem ZSC ging es in dieser Zeit bergab. Zwar konnte der Klub 1950 mit dem Hallenstadion die erste Indoor-Hockeyhalle Europas beziehen und sich 1951 definitiv vom Stammverein (dem heutigen Eislauf-Club) lossagen. Doch nach dem dritten Meistertitel der Vereinsgeschichte 1961 folgte ein schwellender Zerfall. Sportliche Mittelmässigkeit und finanzielle Sorgen führten schliesslich dazu, dass die erste Mannschaft 1969 von der Hallenstadion AG übernommen wurde. 1971 folgt der erstmalige Abstieg in die Nationalliga B, 1974 ein zweiter. Der ZSC wurde, was er lange Jahre bleiben sollte, ein «Liftklub» zwischen NLA und NLB. Die Hallenstadion AG schliesslich stiess den ZSC im März 1976 wieder ab. Im Verein entstand ein akutes Führungsvakuum. Als Gründe wurden ein «Defizit an der Millionengrenze» und das »Desinteresse des Zürcher Publikums» angeführt. Gegen den HC Lugano erschienen beispielsweise noch 719 zahlende Zuschauer, gegen Zug zwar 5734 – doch wurden 4100 Tickets direkt nach Zug verkauft.

Edwin «Edi» Nägeli 1963
Edwin Naegeli 1975

In diesem für den ZSC kritischen Moment trat Edi Naegeli auf den Plan. An der 44. Generalversammlung des Vereins wurde er am 29. April 1976 zum Präsidenten gewählt und führte fortan zwei grosse Sportvereine gleichzeitig – bis heute eine Ausnahme im Schweizer Sport. Bei Amtsantritt fand er einen desolaten Klub in einer «tristen Situation fast ohne Ausweg» vor, der gerade mal noch neun Spieler unter Vertrag hatte. In seiner Antrittsrede erklärte er sein Engagement so: «Der ZSC ist verwandt mit uns, denn wir sind der zweite Club in Zürich. Es ist selbstverständlich, dass geholfen werden muss.» Beim FCZ hatten einige nicht so Freude an seiner Entscheidung, gleichzeitig war es aber FCZ-Finanzchef Walter Bolli, der die Idee ins Rollen gebracht habe. Bollis Söhne spielten Fussball und Hockey, und Bolli war auch in der ZSC-Supportervereinigung. Eine Fusion FCZ/ZSC schloss Naegeli von vornherein aus. Der FCZ sprach eine einmalige Finanzspritze von 100'000 Franken zu und Naegeli baut sogleich eine «ZSC Betriebs AG» auf, analog der 1971 gegründeten FCZ-AG. Überhaupt nutzte der Präsident Synergien, wo es nur ging - sei dies beim Matchprogramm, das bald in exakt gleichem Layout erschien, sei es im sportlichen Bereich. So wurde das Sommertraining des ZSC 1976 «ganz auf Kondition ausgerichtet und vom FCZ-Trainer Timo Konietzka geleitet». Sportlich lief es allerdings nicht nach Plan. Naegeli versprach bei Amtsantritt den sofortigen Aufstieg, verpasste ihn aber sowohl 1977 als auch 1978. Dieser sollte erst 1981, nach sieben Jahren NLB, Tatsache werden. Naegeli erlebte es nicht mehr. Er verabschiedete sich am 6. Dezember 1979 in die Ewiegkeit. An der Spitze des ZSC hatte er bis im Mai 1978 gestanden. In seiner kurzen Zeit gelang es immerhin, die Finanzen ins Gleichgewicht zu bringen und die Beziehungen zur Hallenstadion AG zu stabilisieren. Naegeli verzichtete bei seinem Rücktritt auf die ZSC-Ehrenmitgliedschaft, weil Erfolge auf dem Eis ausgeblieben waren. Er bezeichnete sich selber in dieser Sache als «schlechten Propheten». Neuer ZSC-Präsident wurde 1978 der Bankier Andreas von Albertini. Erst Fanfreundschaft, dann der Bruch Auf den Rängen bestand seit den 1970er-Jahren eine besondere Bindung zwischen den Fans des ZSC und jenen des FCZ. Bei beiden Klubs wurden in jener Zeit erste Fanclubs gegründet, beim ZSC der «Fanclub Schwamendingen» und «Züri 11», beim FCZ unter anderem «Blau-Weiss» (gegr. 1977). Nach der Fusion des ZSC mit der Eishockeysektion der Grasshoppers orientierte sich der neue Zürcher Hockeyclub ein letztes Mal am FCZ: Als Logo für die «Lions» wählte man ein Emblem, das sich in sehr ähnlicher Form der FCZ 1995 mit dem Slogan «Löwengebrüll im Letzigrund» gegeben hatte. Zwei Jahre später, im Sommer 1997, schaffte man dieses FCZ-Logo übrigens wieder - kurz vor der Geburt der ZSC Lions.